Obwohl die Romanows heute als das bei weitem bekannteste Adelsgeschlecht gelten, das jemals an der Spitze Russlands stand, liegen die Ursprünge des Zarismus doch ganz woanders. Denn lange bevor die weltbekannte Dynastie im Jahr 1613 mit Michail III. erstmals den russischen Thron bestieg, hatte es zaristische Macht bereits in Bulgarien (ab dem 10. Jahrhundert) und Serbien (14. Jahrhundert) gegeben.
Und auch in Russland war der Begriff „Zar“ bereits seit Mitte des 16. Jahrhunderts offiziell als Bezeichnung für den Selbstherrscher des Volkes verwendet worden. Damals war es Iwan IV., besser bekannt auch als „Der Schreckliche“, der sich den Titel erstmals zu Eigen machte. Er entstammte der Dynastie der Rurikiden, einem alten Herrschaftsgeschlecht skandinavischer Abstammung, das noch bis 1598 den russischen Machthaber stellen sollte.
Es folgten die kurze Ägide der „Godunow“ (bis 1605) und eine als „Zeit der Wirren“ in die russische Historie eingegangene Epoche, die zuvorderst von ungeklärten Herrschaftsverhältnissen, Krieg und Chaos geprägt war. Erst danach kam es zur fast 300 Jahre währenden Herrschafts-Ära der Romanows, die zunächst noch von Moskau aus die Geschicke ihres Machtbereiches leiteten.
Dann die Wende unter Peter dem Großen (1672-1725): Sankt Petersburg wurde nach seiner Gründung im Jahr 1703 rasch zu einem äußerst repräsentativen Machtzentrum ausgebaut und nur wenig später zur Kapitale des Reiches erklärt – die Stadt und ihre Zaren aus dem Hause der Romanows erlebten eine ausgedehnte Blütezeit.
Nur zwei Generationen später erlosch jedoch die männliche Linie der Dynastie, was Elisabeth (1741-1761) zur letzten wahrhaftigen Romanow machte, die den Thron bestieg. Ab sofort stellten die Nachfahren der weiblichen Seite den direkten Thronfolger; nun jedoch in namentlicher Verbindung mit einem einflussreichen norddeutschen Adelsgeschlecht.
Nach dem durch Heirat erfolgten Zusammenschluss der Häuser „Romanow“ und „Holstein-Gottorp“ war es ab 1762 an Zar Peter III., den russischen Einfluss in der Welt zu mehren. Seine Mission endete allerdings abrupt nach einem Militärputsch; ärgerlicherweise initiiert durch seine Frau und direkte Nachfolgerin – Katharina die Große (1762-1796).
Unter ihrer 34-jährigen Herrschaft baute Russland seinen Machtbereich in bisher nie da gewesenem Maße aus. So gewannen ihre Truppen entscheidende Schlachten im russisch-türkischen Krieg (1768-1774 u. 1787-1792). Gleichzeitig ermöglichte sie auf diplomatischem Parkett dank garantierter Religions- und Steuerfreiheit tausenden deutschen Bauern die Übersiedlung in die Wolga-Ebene. Fläche und Bevölkerung des Reiches wuchsen beträchtlich.
Auch nach ihrem Tod schaffte es des Haus Romanow-Holstein-Gottorp noch weit über einhundert Jahre, das Reich von Sankt Petersburg aus zu regieren. Zwar nahmen Frust und Widerstand gegenüber der autokratischen Herrschaftsweise der Obrigkeit im Laufe der Jahrzehnte stetig zu. Doch bis zur Februarrevolution 1917 gelang es keiner Revolte, keinem Krieg und keinem politischen Mord, das Erbsystem des Hauses zu durchbrechen.
Mit der Abdankung von Nikolaus II. nahm am 15.03.1917 schließlich der letzte Zar seinen Hut. Nun waren kommunistische Kreise im Begriff, das Zepter in die Hand zu nehmen; und zwar mit gravierenden Konsequenzen auf allen Ebenen.
Im Zuge der Veränderungen glitt das Reich in einen hässlichen Bürgerkrieg, das Haus Romanow-Holstein-Gottorp verlor im Nu seinen politischen Einfluss, und Sankt Petersburg musste seinen Status als Hauptstadt nach über 200 Jahren wieder an Moskau abtreten. Die politische Neuordnung hatte begonnen…
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