Jedes Jahr im Frühling steuert das Petersburger Nachtleben mit spürbarer Vorfreude auf seinen Höhepunkt – die „Weißen Nächte“ – zu. Es ist schon erstaunlich, wie sich im April zusammen mit dem letzten Nachtfrost auch das winterliche Gemüt aus den Straßen der Stadt zu verabschieden scheint. Die Tage werden länger und rasch angenehm warm. Nun ist es an der Zeit, dem Leben freien Lauf zu lassen.
Unzählige Straßencafes und Bars öffnen bis tief in die Nacht ihre Türen. Vor den Discotheken bilden sich Schlangen. Und auch zahlreiche kulturelle Einrichtungen der Metropole verlagern ihre Öffnungszeiten und Programme deutlich in Richtung späte Abendstunden. Verglichen mit dem Grau und der Melancholie des Winters kommt einem das bunte Treiben des Frühjahrs fast so vor, als wolle sich eine ganze Stadt für das monatelange Ertragen von Schnee und Frost belohnen.
Nicht, dass der Petersburger Winter frei von Schönheit und Atmosphäre wäre – im Gegenteil sogar. Vielmehr zeigt sich, dass die Millionenstadt zwei Seelen zu haben scheint, was sie im Auge des Betrachters nur noch interessanter und geheimnisvoller werden lässt. Lebensartliche Ambivalenz als nüchterne, aber umso stimmigere Antwort auf die geographische Lage hoch im Norden Europas.
Und so ist es auch exakt jener Lage Petersburgs am 60. Breitengrad zu verdanken, dass das hochsommerliche Leben bereits Ende Juni einen weltbekannten Höhepunkt hat. Zur Zeit der Sonnenwende wird die Stadt, nach rund 20 Stunden Tageslicht ohnehin bis in die Spitzen mit Energie und Tatkraft aufgetankt, auch bei Nacht in schimmernd weiße Dämmrigkeit getaucht. Ein unvergesslicher Anblick, der die Sonne stets knapp unterhalb des Horizonts vermuten lässt, bis sie früh am Morgen wieder aufgeht.
In diesem Rhythmus will es in der Stadt rund zwei Wochen nie gänzlich dunkel werden, womit die „Weißen Nächte“ Einheimische und Touristen quasi rund um die Uhr auf die Straßen locken. Abgerundet wird das Naturerlebnis Jahr für Jahr mit einem mehrtägigen Kulturfestival, bei dem nationale und internationale Starensembles zu Opern-, Theater- und Ballettaufführungen der Extraklasse bitten.
Lebendiger als in dieser kurzen Periode kann man sich eine Stadt von der Größe Sankt Petersburgs nicht vorstellen. Doch auch sonst kommen Nachtschwärmer rund um die Newa voll auf ihre Kosten. Schließlich hat man nach der politischen Wende schnell gelernt und umgesetzt, worauf es dem Besucher neben baulicher Pracht und kulturellem Programm ankommt: Entertainment.
Das Showangebot ist Sommer wie Winter gleichermaßen interessant und vielfältig. Die Clubs der Jungen bewegen sich musikalisch zumeist am Trend, spielen Dance, House und Pop – Mainstream eben. Dazu gibt es aber auch die Szenetreffs für den gehobenen Anspruch, wo zwischen lockerer Bar-Atmosphäre, Lesungen und manch skurrilem Independent-Konzert vornehmlich harte Spirituosen den Tresen kreuzen.
Das ältere Publikum bevorzugt dagegen heiße Latino-Rhythmen und Zigarrerauchen in gediegenem Ambiente. Auch Jazz-Freunde kommen nicht zu kurz. „Je zentraler, desto teuerer“ lautet die nahezu universell anwendbare Formel, an der man sich im Petersburger Nightlife ganz gut orientieren kann.
Was die Sicherheit betrifft, gilt wie in jeder anderen europäischen Großstadt, dass manche Viertel am Rande des Zentrums vor allem nachts nicht zu empfehlen sind. Bewegt man sich hingegen auf klassischen Tourismuspfaden, bleibt das Risiko gering. Der Form halber dennoch der Hinweis: Ein wenig Vorsicht kann nie schaden.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass das Nachtleben in Sankt Petersburg kaum einen Wunsch offen lässt. Wer sich aber partout nicht festlegen kann, findet den entscheidenden Hinweis möglicherweise an der Hotelrezeption. Nicht selten sind die Bediensteten bestens informiert, geben Tipps zu Veranstaltungen, Anfahrtswegen und Öffnungszeiten. Ansonsten viel Vergnügen, guten Appetit und hoch die Tassen!
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