Morgens kurz vor sechs kommt langsam Leben in den Petersburger Untergrund. Berufspendler machen sich mit Aktentasche, Zeitung und Essbarem bewaffnet auf den Weg. Die Millionenstadt steuert nun unweigerlich auf die erste Rushhour des Tages zu. Später kommen die Touristen, dann wieder Berufs- und schließlich der Abendverkehr. Tagein, tagaus im selben Rhythmus.

Weithin sichtbar – die Metro-Stationen in St. Petersburg. Hier am Nevski Prospekt.

Über mangelnde Auslastung konnte man sich bei der 1955 eingeweihten U-Bahn wahrlich nie beklagen. Sie ist, vielen anderen Millionenstädten der Erde vergleichbar, das Rückgrat des täglichen Nahverkehrs. Und das, obwohl die Petersburger Metro mit einer vergleichsweise geringen Anzahl von Linien auskommt. Gerade einmal fünf „Röhren“ umfasst das städtische Netz, die allerdings in hoher Frequenz durchfahren werden. Nicht selten liegen die Wartezeiten unter zwei Minuten.

Doch wie funktioniert U-Bahn-Fahren in Sankt Petersburg? Was den oberirdischen Teil anbelangt, sind die Stationen durch deutlich sichtbare M-Schilder in Farbe der jeweiligen Linie (blau, grün, orange, violett oder rot) gekennzeichnet. Im Untergrund selbst ist die Orientierung zunächst nicht ganz einfach. Das Metro-System scheint eine der letzten Bastionen des Kyrillischen zu sein.

Es ist daher ratsam, stets einen Reiseführer samt Netzplan in der Tasche zu haben. Hier werden die russischen Schriftzeichen in der Regel (wichtig: beim Kauf prüfen!) mit einem Untertitel in lateinischen Lettern versehen und somit „lesbar“ gemacht. Für zusätzliche Orientierung sorgen die zuletzt genannten Linien-Farben, die man sich schlichtweg einprägen sollte.

Fotografieren (eigentlich) nicht erlaubt. Offizielle Begründung: Die Metro unterliegt dem Zivilschutz. 100 Rubel Strafe.

Tickets gibt es an der “Kassa”, wie die in allen Stationen unschwer auszumachenden Verkaufsstellen genannt werden. Folgendes ist möglich:

1.) Der Jeton, eine Tageskarte, mit der man – ohne dabei das Metro-System zu verlassen – bis zum Abend freie Fahrt hat. Einfach in den Schlitz am Drehkreuz stecken und warten, bis es grün wird.

2.) Alternativ dazu werden Chipkarten angeboten, die man sich an der Kasse für beliebig viele Fahrten lassen kann. Sie besitzen 90 Tage Gültigkeit und kosten über den eigentlichen Preis hinaus einen Pfandbetrag.

3.) Touristen-Klassiker schlechthin ist die Smart-Card. Sie ist für 10 bis 50 Fahrten buchbar und hat eine Geltungsdauer von 7 bis 30 Tagen.

Vorteil beider Karten
ist, dass sie lediglich flach über den leuchtenden Sensor gezogen werden müssen. Dies funktioniert in der Regel auch dann, wenn sich die Chips im Inneren des Portemonnaies befinden. Ganz einfach, ohne großes Kramen. Nun kann die Fahrt eigentlich beginnen.

Blick in einen St. Petersburger Metro-Schacht. Ein Hoch auf die Erfindung der Rolltreppe!

Doch zunächst geht es mit der wahrlich nicht langsamen Rolltreppe beachtliche drei Minuten (!) abwärts in den Metro-Schacht – im Durchschnitt fast 100 Meter tief. Der Grund ist einfach: Bedingt dadurch, dass sich Sankt Petersburg auf sehr sumpfigem Terrain befindet, fanden Stalins Tunnelbauer erst im weit unter der Stadt gelegenen Granitfels eine entsprechende Basis für den Bau des Mammutprojekts. Damit ist die Petersburger Metro die tiefstgelegene ihrer Art – weltweit.

Beeindruckend auch die Aufmachung mancher Haltestellen, wie an den Beispielen Awtowo oder Ploschad Wosstanija (rote Linie) nur unschwer zu erkennen. Beide haben eine fast sakrale Erscheinung, sind festlich ornamentiert und lassen rasch erkennen, dass die Metro für Petersburg eben doch ein wenig mehr als nur Mittel zum Zweck ist. Ein technisches Meisterwerk, das auch als propagandistisches Dokument für die Fortschrittlichkeit der Sowjetunion herhalten musste.

Die Metro-Station Narwskaja im Süden der Stadt – eines unter vielen imposanten Portale.

Heute ist die U-Bahn schlicht und ergreifend eine weitere Attraktion der russischen Weltstadt. Sie ist das schnellste und zuverlässigste innerstädtische Transportmittel, wenn auch nicht gänzlich ohne Makel. Sollte es abends einmal später werden, ist zu beachten, dass die Metro ihren Betrieb bereits gegen Mitternacht einstellt. Dies ist einer Stadt wie Sankt Petersburg eigentlich unwürdig, zumal das allnächtliche Öffnen zahlreicher Hängebrücken (für den Binnenschiffsverkehr) das Weiterkommen auch über der Erde nicht gerade erleichtert. Wer Pech hat, darf dem Tross der passierenden Lastkähne bis zur Schließung der Brücke rund zwei Stunden zusehen. Das Bett kann warten.

 

Infobox:
Die wichtigsten kyrillischen Schriftbilder in der Metro:
Bxoд = Eingang
Bьιxoд в гopoд = Weg in die Stadt/Ausgang
Перeход = Übergang zu einer anderen Linie

 

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